Unpolitisches Geld

Deutschland hat dem Druck der EU-Partner standgehalten. Es gibt erst einmal keine Finanzhilfe für Griechenland. Es wird auch nicht über mögliche Finanzinstrumente verhandelt. Es ist ein Etappensieg der Vernunft.« So kommentierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 12. Februar 2010 das Ergebnis des EU-Ratsgipfels vom Tag zuvor. Doch wie vernünftig ist eine Währungszone, in der gegen eines ihrer Mitglieder massiv spekuliert wird, ihm Zinsaufschläge abgepresst werden und die starken Länder diesem bösen Treiben zusehen? Ist es Ausdruck von Vernunft, das unter Druck der Finanzmärkte stehende Griechenland als »statistischen Serienlügner (Financial Times Deutschland - FTD vom 9.11.2009) zu bezeichnen, der »liederlichen Politik« (Handelsblatt vom 8.12.2009) zu bezichtigen und des »erschwindelten Beitritts zur Währungsunion« (FAZ vom 11.2.2009) zu verdächtigen. Nein, das alles ist weder vernünftig und schon gar nicht solidarisch, so wenig wie die sich einbürgernde diffamierende Abkürzung »PIGS« (Schweine) für die Anfangsbuchstaben Portugals, Italiens, Griechenlands und Spaniens. Jetzt, in der Krise, zeigt sich, was die an guten Tagen so oft beschworene europäische Solidarität einer angeblich »immer engeren Union« wirklich wert ist. Kommt es hart auf hart, zählen nur noch Interessen; und vernünftig ist, was dem eigenen Nutzen dient.

Die Europäische Union besteht in ihrem Kern aus nicht viel mehr als einem Binnenmarkt. In der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist lediglich die Geld-, nicht aber die Finanz- und Wirtschaftspolitik vergemeinschaftet. Die Bezeichnung »Wirtschaftsunion« ist daher ein Etikettenschwindel. Es existieren nicht einmal Ansätze verbindlicher gemeinsamer Wirtschafts- und Finanzpolitiken. So sind es nicht die großen Unterschiede im Lebensstandard, die dieses Europa auseinandertreiben. Solche Gegensätze kennen auch andere Wirtschaftsräume, etwa die USA, Brasilien oder China. Doch hier handelt es sich um Staaten. Die EU ist aber kein Staat. Und doch gibt es die Währungs­union, haben bereits 16 der 27 Mitgliedsländer den Euro. Die Frage drängt sich auf: Kann eine Währung ohne Staat funktionieren?

Disparate Leistungsbilanzen

In der Krise ist die Debatte über die Lebensfähigkeit der Euro-Zone erneut aufgebrochen. Voller Genugtuung melden sich jene liberalen Ökonomen und Juristen zurück, die Anfang der 90er Jahre vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Euro geklagt hatten: »Jetzt wird wahr, was kritische Ökonomen dem Euro bei seiner Geburt voraussagten: Nach zehn Jahren Euro zeigt sich, dass sich wegen fehlender Konvergenz von Wirtschaftsentwicklung und -politik innerhalb der Europäischen Währungsunion ein inneres wie äußeres Inflations- und Schuldenpotential aufgehäuft hatte.«1 Zu den Kritikern von Rechts gehörte auch Kurt Biedenkopf. Damals drohte er als sächsischer Ministerpräsident mit einem Nein seines Landes bei der Abstimmung im Bundesrat über die Wirtschafts- und Währungsunion. Helmut Kohl beruhigte seinerzeit die Gemüter mit dem Versprechen, der Währungsunion werde bald die politische Union folgen. Daraus ist nichts geworden. Auch der Lissabonner Vertrag brachte da keine Veränderung. Dem Euro fehlt der politische Unterbau.

Grundsätzliche Kritik an der Wirtschafts- und Währungsunion kam seinerzeit auch von links, von Elmar Altvater, Klaus Busch, Rudolf Hickel, Jörg Huffschmid und dem französischen Wirtschaftswissenschaftler Paul Boccara. 1996 schrieb die Wuppertaler Politikwissenschaftlerin Gerda Zellentin: »Die vorzeitige Verwirklichung einer einheitlichen europäischen Geld- und Währungsunion würde die realwirtschaftlichen und machtpolitischen Divergenzen in der EU lediglich verdecken. Um sie stattdessen auszugleichen, wären nicht allein die Weichwährungsländer (Italien, Griechenland, Spanien und Portugal - A.W.) zur Stabilitätspolitik zu verpflichten; die Hartwährungsländer, insbesondere die Bundesrepublik, müssten zu diesem Zweck einen Ausgleich ihrer Handels- und Leistungsbilanzen anstreben. Den enormen Überschüssen des deutschen Exportweltmeisters versuchen die schwächeren Partner, durch Abwertungskonkurrenz, größere Staatsverschuldung u.ä. gegenzusteuern, um die Arbeitslosigkeit im eigenen Land aufzuhalten. Dabei vertieft sich die Divergenz, statt Konvergenz zu fördern.«2 Genau dies ist, 14 Jahre später, Realität geworden.

Jahr um Jahr ließ sich Deutschland als »Exportweltmeister« feiern. 2009 musste es diesen Titel zwar an China weiterreichen, doch dies ist ein Land von 1,3 Milliarden Menschen, Deutschland hat nur knapp 82 Millionen Einwohner. Mit gut neun Prozent liegt der deutsche Anteil am Welthandel weiterhin sehr hoch. Der Auftürmung von Leistungsbilanzüberschüssen kerneuropäischer Staaten mit Deutschland an der Spitze entsprechen wachsende Leistungsbilanzdefizite jener EU-Länder, die die Medien gern abschätzig »Club Med« nennen. Diese Disparität ist die entscheidende Ursache der gegenwärtigen Malaise der Südländer. Leider wagen es nur wenige Ökonomen, das auszusprechen.3 Auf globaler Ebene hat man hingegen längst diese Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen als eine Ursache der weltweiten Krise identifiziert. In der Schlusserklärung des G-20-Gipfels von Pittsburgh am 24./25. September 2009 wurden die Länder mit hohen Überschüssen ermahnt, sie durch Stärkung ihrer Binnennachfrage zügig abzubauen. Doch in Deutschland stellt man sich gegenüber dieser Forderung taub.

Neben diesen sich vertiefenden Divergenzen ist es die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), die die Euro-Zone auseinandertreibt. Da es in ihr nur einen Zinssatz für alle geben kann, nimmt die Bank auf Unterschiede zwischen den Volkswirtschaften keine Rücksicht. Lag der Zinssatz für die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren eher zu hoch, so war er für die Länder der Peripherie zu niedrig. Billige Kredite sorgten dort für hohe Privatverschuldungen. In Irland und Spanien bildeten sich Spekulationsblasen auf den Immobilienmärkten. In der Krise sind sie nun geplatzt. Die britische Wochenzeitschrift The Economist beschreibt die widersprüchlichen Ergebnisse der Einheitspolitik der EZB so: »One size fits none« - eine Größe passt keinem (13.6.2009).

Stimmen liberale und linke Kritiker der Währungsunion in der Analyse noch überein, so gehen ihre Antworten darauf, was jetzt zu tun ist, auseinander. Für die Linke ist klar: Der Währungsunion als Schritt hin zu mehr europäischer Integration müssen schnell weitere folgen. Gerda Zellentin: »Ohne gemeinsame Wirtschafts-, Finanz-, Sozial-, Umwelt- und Regionalpolitik aber hängt die Währungskonvergenz in der Luft.« Und zustimmend zitiert sie den ehemaligen Kommissionspräsidenten und Befürworter des Euro, Jacques Delors: »Wenn wir die Einheitswährung ohne eine Wirtschaftsunion verwirklichen, hält das System das nicht aus. Mancherorts werden die Bürger auf die Straße gehen.«4 Die Forderung nach einer europäischen Wirtschaftsregierung gehört denn auch seit Jahren zur Programmatik linker Europapolitik. Selbst der französische Präsident Nicolas Sarkozy macht sich diese Forderung zu eigen. Auch der spanische Ministerpräsident José Zapatero will sie. Geht es nach ihm, so soll ein Verstoß gegen gemeinsam vereinbarte wirtschaftspolitische Ziele sogar mit Sanktionen bestraft werden können. Sarkozy und Zapatero suchen eine solche europäische Verständigung, um die deutsche Wirtschaftspolitik einzubinden, sie von ihrem Kurs der aggressiven Exportförderung abzubringen. Die Bundesregierung hat aber immer wieder klargestellt, dass mit ihr so etwas nicht zu machen ist. Und die deutschen Medien gießen ihren Spott über »Zapateros Schnapsidee« aus, die ja nichts anderes »als simple nationale Interessenpolitik« sei (FAZ vom 8.1.2010).

In eine ganz andere Richtung gehen die Antworten der Liberalen. Setzen die Linken auf die Politik, so wollen sie die Marktkräfte entfesseln. Für den Architekten der Wirtschafts- und Währungsunion Otmar Issing ist »der Euro das Produkt des im Maastricht-Vertrag bekundeten Willens nach unpolitischem Geld - Geld, das dem Einfluss von Regierungen, parteipolitischen Interessen und wahltaktischen Überlegungen entzogen ist« (FAZ vom 20.2.2009). Das »unpolitische Geld« ist dabei Synonym für die Herrschaft der Märkte und die Machtlosigkeit der Politik. Die Tatsache, dass die EU kein Staat ist, ist danach kein Mangel, sondern ein Vorteil. So wird nicht ungern gesehen, wenn »die Märkte« der Brüsseler EU-Kommission die Arbeit der Disziplinierung Griechenlands abnehmen. »Finanzmärkte retten EU-Stabilitätspakt« (FTD vom 6.10.2009) Und: »Bleibt die Hoffnung auf den Markt. Wenn die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen steigen, wird das Schuldenmachen teurer und damit unattraktiver. Die anderen Euro-Staaten sollten diese Entwicklung zulassen und sie nicht durch unnötige Hilfszusagen konterkarieren« (FTD vom 2.12.2009).

Damit die Finanzmärkte ungehindert von der Politik ihr Werk tun können, hat man zur Sicherheit eine sogenannte Bail-out-Klausel, einen Haftungsausschluss, in die europäischen Verträge geschrieben. Nach Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darf die Situation eines Defizitlandes auf den Finanzmärkten nicht dadurch verbessert werden, dass andere Staaten oder die EU für dieses haften oder gar seine Schulden übernehmen. Damit ist eine Transferunion ausgeschlossen. Die deutschen Medien werden nicht müde, gebetsmühlenartig darauf hinzuweisen, dass jede Haftung, etwa für Griechenland, ein Verstoß gegen europäisches Recht wäre.5 Falle die No-Bail-out-Klausel, so lege man, nach Otmar Issing, »die Axt an den stabilitätspolitischen Rahmen der Währungsunion«, und dann »gäbe es kein Halten mehr«.6

IWF hilft?

Doch Hilfe verweigern ist das eine, vergleichsweise noch einfache. Effektiven Druck auf den Defizitstaat auszuüben ist hingegen schon sehr viel schwieriger. Der hierfür geschaffene Stabilitäts- und Wachstumspakt ist eine stumpfe Waffe, denn am Ende drohen dem Land, das gegen ihn beharrlich verstößt, Geldbußen. Aber damit würde sich nur das Defizit des Schuldners weiter erhöhen. Einem an Blutarmut Leidenden würde weiteres Blut abgezapft. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist daher ein »dummer Pakt« wie es der frühere Kommissionspräsident Romano Prodi einmal formulierte. Und so hat es denn wohl schon eine Reihe von Defizitverfahren gemäß diesem Pakt gegeben, doch wohlweislich wurde noch nie eine Geldbuße verhängt.

Ganz anders geht da der Internationale Währungsfonds (IWF) vor. Da er selbst Kredite vergibt, kann er auch die Bedingungen diktieren. Bei Unbotmäßigkeit wird die Auszahlung der nächsten Tranche einfach verweigert. In Osteuropa kann man gegenwärtig studieren, wie der Fonds verfährt. Hand in Hand mit der Europäischen Kommis­sion werden die Länder, die ihn hereinlassen mussten, einem rigorosen Sparprogramm unterworfen, das keinerlei Rücksicht auf soziale Verhältnisse nimmt.7 Da der IWF nun so auch in Europa zeigen kann, wie eine rigorose Sanierungspolitik im Sinne der Finanzmärkte aussieht, wird er immer häufiger für die Lösung der Probleme innerhalb der Euro-Zone ins Spiel gebracht. Für Otmar Issing kommt »für diese Aufgabe im Grunde nur der Internationale Währungsfonds in Frage«. Denn »nach den bisherigen Erfahrungen ist es höchst fraglich, ob europäische Institutionen (die Kommission?) überhaupt die politische Kraft aufbrächten, die notwendigen harten Konditionen zu erlassen und gegebenenfalls wirksame Sanktionen zu verhängen« (FAZ vom 29.1.2010).

Einen ersten Schritt in diese Richtung gingen die Staats- und Regierungschefs auf dem informellen EU-Gipfel am 11. Februar 2010. Dort einigte man sich darauf, die griechische Haushaltskonsolidierung nicht länger allein von der Kommission, sondern zukünftig auch von der EZB und dem IWF beurteilen zu lassen. Man sieht: Ganz ohne staatliche Autorität geht es eben nicht. Und da die EU kein Staat ist, borgt man sich eben mal mit dem IWF diese Autorität - in diesem Fall von den USA, die den IWF lenken. Doch dies ist zugleich das Eingeständnis, dass die Europäer nicht fähig sind, ihre Probleme allein zu lösen. Auch säße zukünftig die US-Regierung über den IWF mit am europäischen Tisch. So wird stattdessen vorgeschlagen, einen eigenen, europäischen Währungsfonds zu gründen. Für ihn macht sich der neue Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Meyer, stark.

Klassenkämpfe entscheiden

Ob nun Internationaler oder europäischer Währungsfonds bzw. Europäische Kommission, die den Defizitstaaten abverlangten Einschnitte sind immer die gleichen. In Deutschland ist dieses Sozialabbauprogramm als Agenda 2010 bestens bekannt. Nun wird es in die anderen EU-Länder exportiert. Auch dort heißt es: Absenkung der Sozial- und Gesundheitsetats, Heraufsetzung des Renteneintrittsalters, niedrigere Löhne, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Steuererleichterungen für Unternehmen und Reiche sowie Anhebung der indirekten Steuern. All dies verlangt die Kommission jetzt ultimativ von den Regierungen Griechenlands, Irlands, Spaniens und Portugals. Und zusammen mit der EZB fordert die Bundesregierung Athen auf, die Mehrwertsteuer um ein bis zwei Punkte heraufzusetzen und gleichzeitig Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst vorzunehmen.8 Auch die Abschaffung der in vielen Ländern noch bestehenden flächendeckenden Mindestlöhne wird wohl bald auf die Agenda kommen. Und da ist schließlich ja noch die in Deutschland im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die zur Nachahmung empfohlen wird. Sie legt Michael Hüther, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, den EU-Ländern ans Herz: »Zugleich sehen wir aber Reformen wie die Schuldenbremse in Deutschland, die Anreize für andere Länder setzen. So erleben wir eine Diskussion über die Einführung einer Schuldenbremse in Österreich und sogar in Frankreich. Das macht Mut« (Die Welt vom 2.2.2010).

Man sieht: Es gibt längst eine europäische Wirtschafts-, Haushalts- und Sozialpolitik. Es ist eine einseitig von Berlin den anderen EU-Ländern diktierte. Angela Merkel liegt demnach nicht falsch, wenn sie sagt: »Der Europäische Rat versteht sich als die Europäische Wirtschaftsregierung« (FAZ vom 12.2.2010). Im Rat hat Deutschland das Sagen, denn mit dem Lissabonner Vertrag verdoppelte sich der deutsche Stimmenanteil dort. Und die nach dem Vorbild der Bundesbank aufgebaute Europäische Zentralbank soll künftig noch fester an die Politik aus Berlin angebunden werden. Dafür soll Bundesbankpräsident Axel Weber als neuer EZB-Präsident sorgen: »Gute Chancen für Weber als EZB-Chef« meldete am 16. Februar 2010 die FAZ. Die Krise bringt es an den Tag: Der bislang fehlende politische Unterbau für den Euro wird jetzt in Windeseile zusammengezimmert, denn ganz ohne Staat kann natürlich eine Währung auf Dauer nicht funktionieren. Die Krise bietet zugleich die einmalige Chance, um solch grundlegenden Veränderungen durchdrücken zu können. Es ist der deutsche Staat, der im Interesse des deutschen Kapitals in der Euro-Zone die Zügel fester in die Hand nimmt. Man versteht nun besser, was die Kanzlerin gemeint hatte, als sie sagte, dass Deutschland gestärkt aus der Krise hervorgehen werde.

Es ist noch nicht absehbar, wie die Euro-Zone nach der Wirtschaftskrise aussehen wird. Das wird ganz von den Klassenkämpfen in den Ländern der Peripherie abhängen. Nur wenn es Gewerkschaften sowie kommunistischen bzw. konsequent sozialistischen Parteien dort gelingt, wenigstens Teile der jeweiligen nationalen Bourgeoisien zum Widerstand zu bewegen, besteht eine Chance, dass sich diese Staaten dem imperialistischen Druck aus Berlin und Brüssel erwehren. Auch wenn die Volkswirtschaften des Südens mittlerweile einen hohen Abwertungsbedarf haben, dem aber aufgrund des Fehlens eigener Währungen nicht entsprochen werden kann, denkt noch kein Land daran, die Euro-Zone zu verlassen. Die Kosten für einen Ausstieg wären zu hoch. So gilt: »The weak can't and the strong won't leave«, die Schwachen können nicht und die Starken wollen nicht gehen (The Economist, 13.6.2009).

Für viele EU-Länder außerhalb der Euro-Zone ist es inzwischen nicht mehr attraktiv, Mitglied in ihr zu werden. Geht es nach den europäischen Verträgen, so müssen aber von den 27 EU-Mitgliedsstaaten 25 den Euro einführen. Nur für Großbritannien und Dänemark gelten Ausnahmeklauseln; sie können, aber müssen nicht beitreten. Die bisherige Erweiterung der Euro-Zone ist daher alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Zu den elf Gründerstaaten vom 1.Januar 1999 kamen bisher nur fünf, vor allem kleine und kleinste Staaten mit geringer Wirtschaftskraft hinzu. 2001 trat Griechenland bei, 2007 Slowenien, 2008 Malta und Zypern und schließlich im vergangenen Jahr die Slowakei. Gegenwärtig erwägt nur das gleichfalls kleine Estland einen Aufnahmeantrag zu stellen. Sehr viel stärkere Volkswirtschaften bleiben bis auf weiteres der Euro-Zone fern. In Dänemark und Schweden wurden Mitgliedschaften in Volksabstimmungen abgelehnt. In Großbritannien denkt niemand mehr an eine Aufgabe des Pfunds. Die größeren osteuropäischen Länder Polen, Tschechien und Ungarn sind sogar froh darüber, in dieser Zeit nicht der Zone anzugehören. Alle drei Länder haben erst vor kurzem ihre Währungen zum Teil drastisch gegenüber dem Euro abgewertet, um so ihre Exporte billiger zu machen. Die Zukunft der Euro-Zone und damit auch der Europäischen Union liegt im Ungewissen.

Anmerkungen

1 Wilhelm Hankel, Karl Albrecht Schachtschneider, ­Joachim Starbatty: Kein Bail-out zur Rettung des Euro-Raums, in: FAZ vom 28.3.2009

2 Gerda Zellentin: Die Europäische Währungsunion - Fortschritt oder Rückschritt für die Integration? in: Joachim Schuster, Klaus-Peter Weiner (Hg.): Maastricht neu verhandeln. Reformperspektiven in der Europäischen Union, Köln 1996, S. 42

3 Eine der Ausnahmen stellt der Artikel von Heiner Flassbeck und Friederike Spieker »Die griechische Krise hat deutsche Wurzeln« dar, in: FTD vom 11.12.2009

4 Gerda Zellentin: Die Europäische Währungsunion, a. a. O.

5 So konnte man nach dem EU-Gipfel vom 11. Februar 2010 lesen: »Die EU-Kommission und fast alle Staaten wollten gemeinschaftlich den Maastrichter Vertrag brechen, sie forderten von Deutschland, die griechischen Staatsschulden zu übernehmen, obwohl die Haftung eines Landes für die Schulden eines anderen in der EU verboten ist. Zum Glück hat sich Bundeskanzlerin Merkel nicht zum Rechtsbruch verleiten lassen« (FAZ vom 12.2.2010).

6 Vgl. dazu Andreas Wehr: Währung mit eingebauter Selbstdemontage - Der Euro und die Krise, in: Hermannus Pfeiffer, Land in Sicht? Die Krise, die Aussichten und die Linke, Köln 2009, S. 69 ff.

7 Nach Artikel 143 AEUV kann die EU insgesamt 50 Milliarden Euro für Länder außerhalb der Euro-Zone zur Verfügung stellen, »wenn ein Mitgliedsstaat hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht ist«. Gegenwärtig werden aus diesem Fonds - kofinanziert mit Mitteln des IWF - Lettland, Ungarn und Rumänien unterstützt

8 Greece to resist push for greater austerity. Berlin and ECB seek tax rise and wage cuts, Financial Times vom 15.2.2010

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