Nichts als Illusion

 Die Niederlage war vorhersehbar. Nachdem das griechische Verhandlungsangebot von deutscher Seite mit den Worten »kein substantieller Lösungsvorschlag« vom Tisch gefegt worden war, stand fest, dass Athen einmal mehr nachgeben musste. Die Sitzung der Euro-Gruppe am letzten Freitag fiel denn auch kurz aus. Man brauchte nicht lange, um Athen die Bedingungen für eine Verlängerung des Hilfsprogramms zu diktieren.

Grundlage bleibt das Memorandum, jetzt »Vereinbarung« genannt. Auch die Troika, bestehend aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, wird weiter Aufsicht führen. Nur heißt sie von jetzt an »Institutionen«. Besonders schmerzlich für die neue griechische Regierung ist, dass keine der in den vergangenen Jahren von der Troika auferlegten Maßnahmen ohne Billigung der Euro-Gruppe rückgängig gemacht werden darf. Zwar kann Griechenland Änderungen vorschlagen, das letzte Wort haben aber die Geldgeber. Damit dürften die angekündigte Rücknahme von Privatisierungen, die Einstellung von aus dem Staatsdienst Entlassenen wie auch die Wiederherstellung von Arbeiterrechten vom Tisch sein.

Korrekturen an der Memorandumspolitik sind dennoch nicht auszuschließen. Gestattet werden könnte etwa das eine oder andere Sozialprogramm. Solche Änderungen hatte es auch schon früher gegeben, etwa 2011 in Portugal, nachdem das Verfassungsgericht dort Details der Kürzungspolitik als Verstoß gegen die noch aus der Revolutionszeit nach 1974 stammende Verfassung verworfen hatte. Doch an der Tatsache, dass Griechenland auch in Zukunft unter Kuratel steht, werden solche Korrekturen nichts ändern.

Nach der Weigerung der Euro-Länder, über einen Schuldenschnitt mit Athen auch nur Verhandlungen aufzunehmen, und der brüsken Ablehnung aller von dort gekommenen Vorschläge für einen New Deal in der europäischen Peripherie stellt das Ergebnis der Euro-Gruppensitzung vom Freitag die dritte Niederlage der Regierung Tsipras auf EU-Ebene dar.

Die Hoffnung in Athen, sozialdemokratisch geführte Euro-Länder aus der von Berlin geführten Ablehnungsfront herausbrechen zu können, war nichts als eine Illusion. Warum hätte ihm auch die Regierung in Paris unter Manuel Valls beispringen sollen, wo sie doch selbst gerade mit Hilfe einer Notverordnung neoliberale Maßnahmen gegen den Widerstand in der eigenen Partei durchboxt? Und warum hätte der italienische Regierungschef Matteo Renzi ihn unterstützen sollen, wo er doch in Rom sogar mit Hilfe von Silvio Berlusconi die Gewerkschaften niederzuringen sucht? Und was schließlich die deutschen Sozialdemokraten angeht, so war von ihnen eh nichts anderes als die strikte Befolgung des Kurses von Wolfgang Schäuble zu erwarten. Das alles hätte man wissen können.

 

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