Götterdämmerung in Athen?

Erneut hielt ein Gipfeloptimismus nur wenige Tage. Noch am Freitag letzter Woche fühlten sich die Finanzmärkte »erleichtert« angesichts der Beschlüsse der Chefs der Euro-Staaten. Diese Euphorie war auch berechtigt, fällt doch der längst fällige Schuldenschnitt bei griechischen Anleihen ausgesprochen günstig aus. Staatsanleihen, die auf den Märkten nur noch mit 40 oder gar 30 Prozent ihres Nominalwerts gehandelt werden, können nun für 50 Prozent in neue Anleihen getauscht werden. Wen wundert es da, dass sich einige US-Banken in sicherer Erwartung eines Schnäppchens noch kurz vor dem Gipfel mit faulen griechischen Staatsanleihen eindeckten? Versüßt wurde den Banken und Versicherungen dieses »Opfer« durch eine öffentliche Absicherung von nicht weniger als 30 Milliarden Euro.

Doch das war gestern. Die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, über das neue »Rettungspaket« das Volk abstimmen zu lassen, hat den rosa Schleier eines »gelungenen Gipfels« weggefegt. An den Börsen stürzten am Dienstag die Kurse ab. Es geht die Furcht um, die Griechen könnten nein sagen. Zugleich wird offenkundig, wie es um die Demokratie in Athen wirklich steht: Kürzungen werden regelmäßig vom Kabinett durchgedrückt. Den Abgeordneten der Regierungspartei PASOK wird offen mit ihrer Nichtwiederaufstellung gedroht, sollten sie sich verweigern. Kommt aber die Bevölkerung ins Spiel, so droht eine Niederlage.

Die Gründe für den jetzigen Schritt Papandreous liegen auf der Hand: Die knappe Mehrheit der PASOK schmilzt dahin. Immer mehr sozialdemokratische Abgeordnete ziehen den politischen Selbstmord dem Verlangen vor, weiter ihre Hand für die Zerstörung des Landes zu heben. Mit einer Ja-Kampagne in der Volksabstimmung soll deshalb versucht werden, die parlamentarische Mehrheit zu verbreitern. Die konservative Opposi­tionspartei Nea Dimokratia will man endlich in eine große Koalition zwingen. Zu einem solchen Schritt drängen Merkel und Sarkozy ihren griechischen Parteifreund Andonis Samaras, den Führer der Nea Dimokratia, schon lange. Doch das jetzige Manöver, mittels eines Plebiszits die konservative Opposition unter Zustimmungsdruck zu setzen, ist äußerst riskant. Endet es mit einem Nein, so könnte dies die Götterdämmerung für Athen und womöglich auch für die Euro-Zone in ihrer gegenwärtigen Form bedeuten.

 

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