BSW vor dem Showdown

Das Scheitern des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) bei den Bundestagswahlen hat die Führungsspitze des BSW erheblich geschwächt, setzt sie sich doch nahezu vollständig aus nun ehemaligen Bundestagsabgeordneten zusammen, die mit ihren Mandaten auch die damit verbundenen personellen und materiellen Ressourcen verloren, die sie für die Sicherung ihrer führenden Stellung in der Partei bisher einsetzen konnten.

In dieser Situation kommt den drei Fraktionen des BSW in Brandenburg, Sachsen und Thüringen eine besondere Bedeutung zu. Doch dort will man sich nicht länger von der Berliner Parteiführung in die Politik hineinreden lassen. So ist in Thüringen der im Herbst 2024 nur mühsam beigelegte Streit zwischen Sahra Wagenknecht und der Landesvorsitzenden und Finanzministerin Katja Wolf erneut aufgeflammt. Anlass ist die Ankündigung von Gegenkandidaturen gegen sie und ihren Ko-Vorsitzenden Steffen Schütz bei der für den 26. April 2025 anstehenden Neuwahl des Thüringer BSW-Vorstandes. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb am 16.04. dazu: „Am Wochenende hatte ein Team von vier Thüringer BSW-Mitgliedern angekündigt, gegen Wolf und Schütz für den Landesvorsitz zu kandidieren. Für den Vorstand will die Landtagsabgeordnete Anke Wirsing zusammen mit dem Kinderpsychologen Matthias Bickel aus Bad Langensalza kandidieren. Sie und zwei weitere Mitglieder, die sich für den Vorstand bewerben, werden von der Bundesspitze unterstützt. BSW-Generalsekretär Christian Leye hatte die Kandidaten um Wirsing als geeignetes Führungsteam bezeichnet. Das Thüringer BSW brauche 'neue Impulse', hatte er gesagt.“ Gedeckt wird sein Vorgehen von der Parteivorsitzenden Sahra Wagenknecht.

Sollten sich Leye und Wagenknecht durchsetzen, so ist zu erwarten, dass das Thüringer BSW künftig der harten Oppositionslinie des Bundesverbandes folgt, die Tage der Koalition des BSW mit CDU und SPD dürften dann gezählt sein. Siegt hingegen das Lager von Wolf und Schütz wäre die Bundesspitze angezählt. Nach dem Verlust der Präsenz im Bundestag wäre Wagenknecht endgültig eine Königin ohne Land. Das BSW steht also vor einem Showdown.

Der Ausgang der Vorstandswahlen in Thüringen dürfte über den weiteren Weg des BSW insgesamt entscheiden, fordern doch Wolf und Schütz einen bundesweiten Neuaufbau des Bündnisses. Beendet werden müsse nach ihnen vor allem der von der Parteiführung praktizierte Stopp der Aufnahme neuer Mitglieder, womit man sich dort vor unliebsamer Konkurrenz abschirmt. Beide verlangen darüber hinaus den zügigen Aufbau von Kreisverbänden sowie die Schaffung eines Jugendverbandes sowie einer Seniorenvertretung. Auf Landes- und auf Bundesebene solle ein Parteirat eingerichtet werden, der unabhängig von der Zahl der Mitglieder die Interessen der Landesverbände und regionalen Gliederungen vertrete. Laut FAZ will das „Thüringer BSW Entwicklungshilfe für die anderen ostdeutschen Landesverbände leisten, etwa in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo Wahlen anstehen. Die Vorsitzenden der ostdeutschen Landesverbände haben Schütz nach dessen Angaben bei einem Treffen in Potsdam am Wochenende gebeten, die gemeinsamen Anstrengungen zu koordinieren.“

Sollte es am Ende zu dem drohenden Zerwürfnis zwischen BSW-Bundesführung und den Thüringern kommen, so ist auch eine Parteispaltung nicht auszuschließen. Entstehen würde dann eine ostdeutsche Regionalpartei. Die dafür notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen hätten die drei Landtagsfraktionen jedenfalls dafür.

Der Artikel erschien am 17. April 2025 auf dem Onlineportal Telepolis

 

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